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Künstlerische Forschung

Künstlerische Forschung

Künstlerische Forschung kann die künstlerische Praxis selbst in Frage stellen, weil sie die Kunst als Produkt, als festgelegtes Werk, in Frage stellt. Andererseits wagt sie die Frage, wie Erkenntnisse abseits eines wissenschaftlichen Weges gefunden werden können.

Künstlerische Forschung greift die Idee des verkörperten Wissens auf (vgl. Peters 2013) und schafft Labore und Räume für neue Untersuchungen (vgl. Badura 2015). Sie hinterfragt den gesellschaftlichen und kulturellen Diskurs, schafft utopische und alternative Perspektiven, die mit einem historischen oder wissenschaftlichen Kontext verbunden sind. Schließlich kann sie auch mit der Idee des künstlerischen Fortschritts in Verbindung gebracht werden, indem sie Fragen der Ausgrenzung, Willkür und Marginalisierung in Frage stellt (siehe Baldauf und Hoffner 2015). In diesem Sinne erschließt sie unbekanntes Terrain des Wissenstransfers und der Wissensgenerierung, indem sie auf ihrem Weg Spuren für neue Dialoge und Erkenntnisse legt. Künstlerische Forschung kann als eine Beforschung von Wahrnehmungsweisen verstanden werden, aber auch als eine „Brechung von Wahrnehmungskonventionen und als eine Suche nach alternativen Wahrnehmungsmöglichkeiten“ (Schürmann, 2015: 63). Dabei muss kein „gesellschaftliches Gegenmodell“ (Bippus, 2015: 67) entworfen werden, sondern der Fokus wird auf die Erforschung von Möglichkeiten und Funktionen gerichtet, die kontextuell und gesellschaftlich gerahmt sind. Künstlerische Forschung ist am nächsten mit partizipativer Aktionsforschung vergleichbar, sie versucht „Praxis zu verwandeln und zu verbessern“ (Borgdorff, 2015: 72) und „zielt darauf ab, einen substanziellen, vorzugsweise innovativen Beitrag zur Entwicklung der Praxis zu liefern, einer Praxis, die ebenso sehr mit Geschichten, Überzeugungen und Theorien gesättigt ist, wie sie auf geübtem Expertenhandeln und impliziten Verständnis beruht.“ (ebd.: 71) Die Strategien, die dabei angewendet werden, sind beispielsweise „teilnehmende Beobachtung, biografisches Erzählen, dichte Beschreibung, Reflection-in-Action und kooperative Recherche“ (ebd.: 71). Anke Haarmann nennt es eine „nachdenkliche Methodologie“ (Haarmann, 2015: 85), die nicht von “externen Standards des Wissenschaftlichen auf bestimmte Verfahren festgelegt“ (ebd.: 85) werden will. 

Mit der Methode der künstlerischen Forschung arbeitet schau.Räume von Anbeginn an. Durch das Forschungsprojekt „Mapping the Unseen“, gefördert durch den FWF (2019-2021), konnte vertiefend geforscht werden. 

“Künstlerische Forschung (KF) ist eine neu anerkannte Disziplin im Bereich der Künste. Spätestens seit den letzten 30 Jahren hat sie sich ihren Weg in die Kunstakademien gebahnt und ist zu einem wichtigen Empfänger von internationalen Fördermitteln geworden. Dieser Prozess ist jedoch nicht ohne Widerstand verlaufen und hat zahlreiche Debatten über seine Besonderheiten und Problematiken ausgelöst. Als Praxis stellt KF das traditionelle Verständnis von Kunst in Frage, da sie den Schwerpunkt von der ästhetischen Erfahrung auf die Produktion von Wissen verlagert.  (...) Aus dieser Perspektive verschiebt sich die Frage nach KF von der Frage, ob Kunst Wissen produziert, zu der Frage, welche Art von Wissen produziert wird. Das heißt, was produzieren Künstler, die KF machen, wie und vor allem, für wen?(...) Durch dieses Verständnis von KF kann ein Bewusstsein dafür entstehen, dass bestimmte wissenschaftliche Bestrebungen mit der Geschichte von Gewalt und Unterdrückung verknüpft sind, um stattdessen ein Verständnis für das emanzipatorische Potenzial der Forschung zu entwickeln, indem sie zu einer Praxis wird, die auf sozialen Wandel in den Diensten der Menschen abzielt.” (Mariel Rodriguez, Künstlerin und Wissenschaftlerin, Vortragende bei dem Release des virtual mapping)

Wie wichtig jenes Miteinander in der Verbindung Kunst und Wissenschaft ist beschreibt auch Haraway: „Ich bin davon überzeugt, dass wissenschaftliche künstlerische Verweltlichungen eine wichtige sympoietische Praxis des Lebens auf einem beschädigten Planeten darstellen.“ (2018: 96)